Vor dem Bayreuther Landgericht läuft seit dem Vormittag (11.10.) der Prozess um einen Mord in Bindlach. Angeklagt ist ein 19 Jahre junger Mann, der im Mai seine Ex-Freundin getötet haben soll. Das Mädchen war 18 Jahre alt. Joshua Tsakmakidis vom Prozessauftakt:
„Die Stimmung, als Leon D. in den Schwurgerichtssaal geführt wurde, verhüllt in seine Kapuze, das war eigentlich unerträglich. Spätestens als dann die Anklage verlesen wurde, lief es einem eiskalt den Rücken runter. Die Staatsanwaltschaft wirft Leon D. vor, Rebecca S. ermordet zu haben. Sie erkennt dafür gleich mehrere Mordmerkmale, unter anderem Heimtücke. Als sie ihm die Tür geöffnet habe, habe sie nichts davon geahnt, was gleich passieren könnte. Leon D. ist bereit, Angaben zu machen. Dafür setzt sein Anwalt aber voraus, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Und darüber berät das Gericht auch gerade, deswegen ist gerade kurz Pause. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenkläger, also die Eltern von Rebecca S., haben diese Anträge aber beide zurückgewiesen. Und mein Gefühl ist auch, dass die Richterin dem nicht stattgeben wird.„
„Ich hatte tatsächlich recht mit meiner Einschätzung. Die Richterin hat beide Anträge auf Ausschluss der Öffentlichkeit abgelehnt. Das heißt, wir haben bis jetzt gerade, bis zu dieser kurzen Unterbrechung, die Einlassung von Leon D. gehört. Er hat vor ungefähr drei Jahren mit seiner Erzählung angefangen. Die Richterin hat sehr konkret nachgefragt und er beschreibt seine kompletten Lebensumstände und die Beziehung zum Opfer. So weit, so nah an den bisherigen Erkenntnissen. Nur am Tattag teilt sich dann Leons Perspektive deutlich von der in dem Haftbefehl. Leon gibt an, eigentlich an dem Tag seinen Suizid geplant zu haben und sich von Rebecca verabschieden zu wollen. Im Streit, in einem gemeinsamen Kampf, wo jeder von beiden ein Messer gehabt haben soll, habe er sie dann erstochen.“
„Gerade wird im Gerichtssaal ein Bildschirm aufgebaut. Als nächstes werden wir ein Video sehen, das er am Tatort gedreht hat, in dem Leon die Tat – anders als in der Aussage heute – zugibt. Der Zuschauerraum ist voller junger Menschen, viele haben das Opfer gekannt. Es ist ein hochemotionaler Tag und ich muss ganz ehrlich sagen, das geht auch an Menschen, die darüber Bericht erstatten, nicht spurlos vorbei.„
Triggerwarnung: es geht um Gewalt
Unser Reporter schildert jetzt was in diesem Video zu sehen war.
„Rebecca ist tot und ich bin hier gerade am Ausbluten. Das ist einer der Sätze, die Leon D. in dem Video, das wir gerade im Prozess gesehen haben, sagt. Er ist dabei komplett blutverschmiert im Gesicht. Das Video hat er direkt am Tatort aufgenommen. Wie er sagt, um so eine Art Abschiedsbrief zu hinterlassen, weil er sich ja das Leben nehmen wollte. Er spricht in dem Video auch über die Beweggründe für die Tat. Er sagt, Rebecca sei irgendwie da reingeraten, auch wenn das vielleicht asozial klinge – Zitat Ende. Und er sagt, dass er sie da unten liegen sehe und aber nichts fühle.
Nach Abschluss des Videos hat die Richterin ihn zum ersten Mal nach der Motivation gefragt. Er gibt die Tat ja im Video zu und sagt jetzt aber vor Gericht aus, dass sein Plan eigentlich ein Suizid war und er sich nur verabschieden wollte und dass dann alles irgendwie in einem wilden Handgemenge aus dem Ruder gelaufen sei.
Die Richterin hat Leon auch noch mit einem Beweisstück konfrontiert. Eine Liste, eine Notiz, die schon einige Tage vor der Tat auf seinem Handy verfasst wurde. Auf ihr ist minutiös und ultra nah am beschriebenen Tatablauf der Tathergang geschildert. Da stehen so Sätze drin wie „Messer im Saaser-Wald vergraben“ oder „Handy in einem Müllbeutel entsorgen“. Leon erklärt diese Liste als Bewältigungsstrategie gegen seine Aggression. Das habe er in einem Buch gelesen. Und eigentlich wollte er die Tat auch gar nicht ausführen.“
Mehr werden wir heute nicht erfahren. Der Prozess musste auch jetzt unterbrochen werden. Leon D. kann nicht weitermachen. Am 16. Oktober geht’s weiter. Dann soll seine Mutter aussagen.