Mit deutlichen Worten hat der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl beim Heinrichsfest die Bedeutung des Kreuzes in öffentlichen Räumen betont. Es sei „ein Zeichen der Toleranz und Menschenliebe“ und erinnere daran, Verantwortung vor Gott zu übernehmen, sagte Gössl in seiner Predigt am Sonntag. Er dankte ausdrücklich allen demokratisch gesonnenen Menschen, die sich in Politik und Gesellschaft für den Verbleib der Kreuze in der Öffentlichkeit einsetzen. Gössl bezog sich damit auf eine Einzelfall-Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Kruzifix im Eingangsbereich einer staatlichen Schule die Religionsfreiheit verletzte.
„Mit unschöner Regelmäßigkeit werden wir mit dem Kulturkampf-Thema ‚Kreuz in öffentlichen Gebäuden‘ konfrontiert“, fuhr Gössl fort. Es sei normal, dass es Interessengruppen gebe, die gegen das Kreuz in den Kampf ziehen. „Für mich ist das Kreuz in der Öffentlichkeit das Zeichen, das uns an unsere menschliche Verantwortung Gott gegenüber erinnert und uns mahnt, ihnen in gelebter Toleranz und Menschenliebe nachzufolgen“, so Gössl. Wenn das Kreuz aus der Öffentlichkeit ganz verbannt werde, werde es in der Gesellschaft nicht mehr, sondern weniger Toleranz und Menschlichkeit geben.
Weiter ging der Erzbischof auf die geplante Nominierung der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf ein, die angeblich das Lebensrecht ungeborener Menschen in Frage stelle. Gössl sprach von einem „innenpolitischen Skandal“ und fügte hinzu: „Ich möchte mir nicht vorstellen, in welchen Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung wir gleiten, wenn die Verantwortung vor Gott immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen verschwindet.“ Dann hätten die Schwächeren keine Stimme mehr: „Nicht die Ungeborenen und nicht die pflegebedürftigen Alten; nicht die psychisch Kranken und auch nicht die sozial Schwachen; nicht die Menschen, die sich aufgrund von Krieg und Verfolgung auf die Flucht begeben und auch nicht die Natur, die gewissenlos ausgebeutet und zerstört wird.“ Die gelebte Verantwortungslosigkeit gegenüber Gott führe direkt zur Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Mitmenschen und gegenüber der Schöpfung, sagte Erzbischof Gössl.
Die Bamberger SPD kritisiert diese Äußerungen. „Frauke Brosius-Gersdorf ist eine hoch angesehene Staatsrechts-Professorin und die unangemessenen Äußerungen von Herrn Erzbischof Herwig Gössl befeuern die ohnehin schon unwürdige und diffamierende Debatte weiter“, so die Vorsitzenden der Bamberger SPD Olaf Seifert und Eva Jutzler. Weiter heißt e in einer aktuellen Mitteilung: „Die Aufgabe der katholischen Kirche muss es sein zusammenzuführen, statt zu spalten und die ohnehin schon große Politik-und Institutionenverdrossenheit in einigen Teilen der Bevölkerung weiter zu befeuern“.
Das Heinrichsfest erinnert jährlich am zweiten Juli-Wochenende an den Bistumsgründer, Kaiser Heinrich II., der am 13. Juli 1024 starb.