Oberfranken Offensiv testet Medikamententransport per Drohne

11. Mai 2023 , 13:06 Uhr

Staus und den Verkehr behindernde Baustellen oder abgelegene Orte stellen für Apotheken bei der Zustellung eiliger Medikamente, gerade in Notfällen, eine Herausforderung dar. Die Entwicklungsagentur Oberfranken Offensiv e.V. testet eine neue Transportform, die die herkömmlichen Botengänge mit dem Auto ideal ergänzen könnte. Diese Expertise ist beispielgebend für Deutschland.

Zwei Drohnen, die speziell für den Transport von Medikamenten entworfen wurden, sollen bald in Stadt und Landkreis Bayreuth und im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge Arzneimittel schnell und zuverlässig ausliefern. Sie sind jeweils fünf Kilogramm schwer und können Medikamente bis zu 30 Kilometern mitführen. Fünf Apotheken beteiligen sich an dem bislang einzigartigen Projekt von Oberfranken Offensiv, das der Verein im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie durchführt. Das „Digitale Gesundheits-Netzwerk Oberfranken“ hat zum Ziel, die medizinische Versorgung in Oberfranken weiter zu verbessern.

„Genau wie bei unseren anderen telemedizinischen Projekten, der Online-Sprechstunde oder den technisch bestens abgesicherten Telekonsilen zwischen Kliniken, Reha-Einrichtungen und auch niedergelassenen Ärzten, nehmen wir hier bundesweit eine Vorreiterrolle in der Gesundheitsversorgung ein“, sagt Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, Vorsitzende von Oberfranken Offensiv. „Die Medikamenten-Drohne ist der aktuellen Entwicklung einen Schritt voraus und könnte in Zukunft Menschen in ländlichen Regionen unterstützen und regionale Apotheken stärken. Auch hier zeigt sich, dass Oberfranken eine höchst innovative Region ist“, ergänzt Bezirkstagspräsident Henry Schramm.

Oberfranken Offensiv kombiniert seine telemedizinischen Angebote

Passend zur Drohne arbeitet Oberfranken Offensiv auch an einer Anbindung des herkömmlichen E-Rezepts an die bisherigen Anwendungen wie die oberfränkische Online-Sprechstunde. Die Idee: Die Kunden könnten das E-Rezept, das ihnen von der Arztpraxis ausgestellt wird, über eine App hochladen und somit direkt an die oberfränkische Apotheke ihres Vertrauens senden. Bei Rückfragen kann das Apothekenteam dann die sichere und zertifizierte Videosprechstunde für die Kundenberatung nutzen. Der Versand könnte über die Drohne erfolgen. Das würde die Lieferung in und aus den Apotheken heraus beschleunigen. Die rechtlichen und technischen Voraussetzungen werden derzeit von Oberfranken Offensiv geprüft und anschließend umgesetzt. Genau wie bei der Drohne setzt der Verein auf enge Zusammenarbeit mit seinen Projektpartnern, darunter auch den Apotheken vor Ort.

Die Drohne im Apotheken-Alltag

Im vergangenen Herbst präsentierte Oberfranken Offensiv die Drohne erstmals in der Öffentlichkeit. Dr. Andreas Paul, Geschäftsführer der OFRA Pharm oHG mit mehreren Apotheken in Bayreuth und Teilnehmer der Testphase, war von Beginn an aufgeschlossen und freut sich nun auf den Tag, an dem die Drohne zum ersten Mal vom Dach seiner Apotheke in der Hugenottenstraße abhebt. Der Apotheker wird die Testphase nutzen, um eine Arztpraxis in Bindlach zu beliefern, die regelmäßig kurzfristig Medikamente anfordert. Durch die Drohne würde die Fahrt mit dem Auto entfallen, die Arznei wäre zudem schneller in der Praxis verfügbar. Die Drohne wird dauerhaft in der Apotheke stationiert sein und dort lagern. Das Team der Apotheke wird sie beladen und zu einem definierten Startpunkt bringen. Von dort aus übernehmen dann die Fernpiloten.

Die Drohne als Ergänzung zu bisherigen Botengängen

Für die Testphase hat Oberfranken Offensiv gemeinsam mit allen teilnehmenden Apotheken und dem Drohnenhersteller „DiAvEn“ feste Routen definiert. In Marktredwitz will Dr. Dominik Bauer seine beiden Apotheken miteinander vernetzen und könnte sich künftig auch eine Lieferung an Seniorenheime vorstellen. Auch Pharmazeut Martin Gebhardt will seine beiden Apotheken in Schönwald und Selb mit der Drohne verbinden und den Medikamentenaustausch mit anderen Apotheken in der Region zum Nutzen der Patienten für eine schnelle Lieferung vor Ort verknüpfen. So sollen auch die Apotheke von Dr. Dr. Julian Ott in Wunsiedel und von Karin Ott in Fichtelberg die Zustellung testen.

Drohne speziell für Medikamentenauslieferung entwickelt

Bevor es mit der Testphase losgehen kann, müssen organisatorische Hürden genommen werden. Oberfranken Offensiv setzt dabei auf den agilen Austausch zwischen allen Beteiligten. Gerade bei Projekten, die komplett neues Terrain betreten, gilt es hier alle Eventualitäten zu berücksichtigen. Die Sicherheit hat höchste Priorität. Technisch verfügt die Drohne über acht Rotoren, davon sind vier als Ersatz geplant. Es gibt zwei Akkusysteme, die parallel laufen, einen dreifach redundanten Flugsteuerungscomputer und einen Sicherheitscomputer, der den gesamten Flugprozess überwacht. Ergänzt wird dies durch ein Gesamtrettungssystem, das im Fall einer Fehlfunktion die Drohne mittels Fallschirms langsam zu Boden lassen würde. Es braucht Start- und Betriebsgenehmigungen, genaue Wetterbeobachtungen und Analysen der Topografie sowie Orte für die Ladestationen. Genau definiert werden muss außerdem, wo die Drohne landet. Auch bei den Testflügen müssen Flugverbotszonen eingehalten werden. Die GPS-geleitete Medikamenten-Drohne fliegt vollautomatisch. Der Flug wird von einem Fernpiloten, der in Berlin sitzt, überwacht.

„Die Drohne kann das Ziel punktgenau ansteuern und dort kann die Ladung durch eine sich öffnende Klappe entnommen werden“, erklärt Tim Fischer von „DiAvEn“, das Start-Up, das die Drohne Labfly entwickelt hat. Auch eine Landung und Entladung der Fracht via Code sei möglich. „Aktuell erwarten wir die entsprechenden Fluggenehmigungen. Der Flugbetrieb, der durchgeführt wird, muss vom Luftfahrtbundesamt nach EU-Drohnenverordnung zugelassen werden.“ Es wird damit gerechnet, dass die ersten Testflüge spätestens im Herbst 2023 durchgeführt werden können.

Stärkung der Apotheken vor Ort

Wenn sich die Drohne in den Alltag der Apotheke etabliert hat, dann benötigt die Lieferung per Drohne nur einen sehr kurzen Vorlauf zwischen Bestellung und Zustellung. Das spart allen Beteiligten Zeit, was wiederum den Kunden zugutekommt. Wenn alles technisch und organisatorisch einwandfrei läuft, kann sich Dr. Andreas Paul vorstellen, dass die Drohnenzustellung nach der Testphase in der Zukunft auch für andere Apotheken interessant sein könnte. Als Apotheke vor Ort profitieren die Kunden dann nicht nur von der direkten Betreuung und Nähe, sondern auch davon, dass sie schneller mit den notwendigen Medikamenten versorgt werden können als es über eine reine Online-Versandapotheke möglich wäre. Viele Vorteile, die die medizinische Versorgung in Oberfranken weiter verbessern und bundesweit als Leuchtturmprojekt beispielgebend sein können. Diese Innovation wird den Innovationsort Oberfranken weiter stärken.

red

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